Schulpflicht inklusive – ein Essay von Benedikt Wehner

Macron hat es verkündet, die Schulpflicht soll ab dem Schuljahr 2019/2020 auch für Kinder ab drei Jahren gelten, zumindest in Frankreich. Und das passt auch zur deutschen Entwicklung: die Grundschule verwandelt sich in eine Ganztagsschule. Und dann wollte sich ein renommierter Gummibärchenhersteller auch mit einbringen, und forderte die Schulpflicht für seine Gummibärchen, jedoch nicht als Standard Dessert jedes Pausensnacks, sondern als wirklicher Schüler. Und da der Staat sowieso keine anderen Probleme und Thematiken hat, hat man sich entschlossen, dieser Forderung nachzugehen.

Nur wie viel Sinn macht es tatsächlich, ein aus Gelatine, Zucker, Aromen und Farbstoffen bestehendes Gummibärchen der Firma Horiba der Schulpflicht zu unterziehen? Ein Denkfehler macht sich direkt bemerkbar, wenn man einen Schulalltag eines Horiba Gummibärchens durchgeht: Wie gelangt es zur Schule? Wenn das Gummibärchen, nachdem es beim Samstäglichen Familieneinkauf käuflich erworben wurde,  tatsächlich das Wochenende übersteht, müsste es Montag morgens irgendwie zur Schule kommen. Das Auto fällt raus, vor allem weil die Beine, also die Stummel,  zu kurz sind, um an die Pedale zu kommen, und außerdem schafft es das Gummibärchen wohl kaum, über das Lenkrad auf die Straße schauen zu können. Fahren lassen sollte sich das Gummibärchen von der Mutter der anderen Schulpflichtigen jedoch nicht, wer weiß, ob sie Heißhunger bekommt. Der Bus ist auch ungünstig, denn der Weg zur Haltestelle ist schon fast eine Zumutung, wenn man sich überlegt, wie anstrengend es sein kann, mit seinem 1,95m großen Bruder  mitzuhalten, so sollte man sich mal in ein Horiba Gummibärchen versetzten, dessen Beine maximal 2mm lang sind. Da hilft leider nicht mal Feldmanns hessenweit gültiges Schülerticket, denn wie heißt das Gummibärchen, und wie soll es die Chipkarte transportieren? Es könnte darauf surfen…. Also könnte man es anders machen, und zwar einfach die Gummibärchen direkt an die Schule liefern, oder Lehrer zum Einkaufen motivieren, aber nur diejenigen, die keine Gelatine essen. Als nächstes Problem stellt sich dann, wenn man mal an nimmt, das das Gummibärchen tatsächlich, entweder durch einen Einkauf oder anderen Zufall ins Klassenzimmer gelangt ist, mit der Mitarbeit. Viele Lehrkräfte kennen es, morgens, vor neun, ist es kaum möglich, mit den Schülern vernünftig Unterricht zu machen. Und wie ist es dann mit Gummibärchen? Das müssen schon Lehrer übernehmen, die mit Frust und Ignoranz kein Problem haben, denn wie kommuniziert das Gummibärchen, oder wie macht es deutlich, dass es weiß worum es geht? Und wie soll ein Lehrer die Klausur korrigieren, mal angenommen, das Gummibärchen kann schreiben? Und wenn es das könnte, wäre die Schrift wohl sehr, sehr klein. Und hat es dann die erste Stunde erfolgreich überstanden, was passiert in der Pause? Wird es gemobbt? Wer hat als Kind denn nicht gerne ein Gummibärchen in ein Wasserglas gelegt, damit es größer wird? Oder wer ärgert sich nicht, dass es so wenig der grünen Sorte gibt, und schenkt die anderen Freunden? Ist das dann schon Mobbing, oder gar Rassismus? Und wie ist es mit hitzefrei? In den Plastiktüten fangen sie doch auch schon an, aneinander zu kleben, wenn sie mal in der Sonne vergessen wurden… Und wenn man erst an den Elternsprechtag denkt…. Ein klebriger Gedanke, und auch ungemütlich für normale Schulpflichtige, denn wer mag schon auf Stühlen sitzen, auf denen ein geschmolzenes Gummibärchen sein Unwesen treibt.

Alles in allem sollte man sich Gedanken machen, ob man die Tatsache, das auch kleine Kinder bei langer Beanspruchung irgendwann mal eklig werden, zwar nicht schmelzen, aber mit drei noch definitiv kaum lernfähig oder lange konzentriert sind, oder gar fähig ein Auto zu fahren, oder den Bus zu nehmen, ignorieren möchte, und vielleicht Säuglingen vorschlagen möchte, direkt nach der Geburt in der Schule auf Büchern zu schlafen, oder sie gar dazu verpflichten, kann sich entspannt zurücklehnen, es wird kommen.

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